eine Turmanlage, errichtet als Befestigungsanlage der Rügenfürsten am Prerower Strom
Die Hertesburg erhob sich als Turmanlage auf einem Hügel mit einem Durchmesser von etwa 30 m und einer Höhe von max. 2 m. Dieser Teil war von einem 16 m breiten Ringgraben und schließlich einem Wall von 77 m sowie weiteren Schutzwällen umfaßt. Das Territorium befindet sich in einer ausgedehnten Niederung etwas östlich des heutigen Prerower Stroms. Es ist zugänglich über das Privatgelände einer gleichnamigen Ferienanlage über die Straße von Zingst nach Prerow (Besichtungsmöglichkeit nach Anmeldung).
Bild: Die Kapelle Hertesburg von 1927
Das ursprüngliche Aussehen der Hertesburg ist nicht überliefert. Im Jahre 1532 wird ein viereckiger Turm mit einer Mauerstärke vom mehr als 3 m genannt. Bei verschiedenen Grabungen wurden Reste von Mauerwerk, teilweise mit starken Brandspuren, sowie Keramikgefäße und wenige weitere Funde geborgen. Holzreste konnten mittels Dendrochronologie auf das Jahr 1291 datiert werden. In die slawische Zeit verweisende Funde gab es nicht. Die erste Erwähnung stammt vermutlich aus dem Jahre 1325. Damals weilte Witzlaw III. mehrfach zu Jagden oder Festgelagen, teils mit auswärtigem Besuch auf der Hertesburg.
Im Rügenschen Erbfolgekrieg wurde das „castrum Hertesborgh“ mehrfach von mecklenburgischen Truppen belagert und schließlich eingenommen.
Die Hertesburg diente neben der militärischen Kontrolle des einstigen freien Ostseezugangs zwischen den Boddengewässern und der Ostsee als Zollstelle, Jagdschloß und Vogteisitz der Rügenfürsten, später der pommerschen Herzöge.
1387 wird ein Clawes (Klaus) „voghet to der Hertesborch“ erwähnt. Wie so manche andere Orte an der Boddenküste soll auch hier der Sage nach Klaus Störtebeker mit seinen Gefährten Unterschlupf gefunden haben. Spätestens seit dem 30-jährigen Krieg sind die oberirdischen Baulichkeiten verschwunden; sie sollen beim Bau der Kirche von Prerow Verwendung gefunden haben.
Im inneren Teil der Ringanlage befindet sich heute eine im Jahre1927 errichtete Holzkapelle mit Reetdach. Sie wurde durch den „Orden des Neuen Tempels“ errichtet, ein von Jörg Lanz von Liebenfels (1874–1954) gegründeter Geheimbund, der hier das „Presbyterat Hertesburg“ errichtete. Der Orden vertrat völkisch-rassistische und mythische Lehren, die von einer extremen Ariosophie und Frauenfeindlichkeit geprägt war. Dessen Rassentheorie ging in die geistige Vorbereitung der Judenvernichtung der NS-Zeit ein.
In die Ideologie des Ordens wurde auch Störtebeker als „arische Rassenerscheinung“ eingegliedert, während für Lanz von Liebenfels in seiner Schrift „Der elektrische Urgott und sein großes Heiligtum der Urzeit“ (1933) die Hertesburg die Urheimat von „elektrisch organisierten Vormenschenwesen, der Elektrozoa“ gewesen sei.
Ab 1934 mußten die Gebiete um die Hertesburg an das Reichsforstamt übergeben werden und so erfolgte im Oktober 1935 die Auflösung des Presbyterats Hertesburg. Neugründungen bestanden bis 1973 in Oberbayern.
Lit.: Nösler, Daniel: Die Hertesburg, Ldkr. Nordvorpommern, und der Orden des Neuen Tempels. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 47 (2006), S. 103–116
Wegener, Franz: Neu-Vineta. Die Rassesiedlungspläne der Ariosophen für die Halbinseln Darß und Zingst. Glabeck 2010